TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich]]
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TM Hauptwörter (200): [T87: [Meer Rußland Wolga Stadt Petersburg Moskau See Ostsee Hauptstadt Ural], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter], T6: [Berg Fuß Höhe Gipfel Gebirge Schnee Meer Fels Ebene See], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
84 Die Niederländer in Java und auf den übrigen vstindischen Inseln.
Ein seltener Reichtum an Arten charakterisiert die Flora dieser Insel, und
auch die einzelnen Pflanzenindividuen zeichnen sich durch üppigen Wuchs
aus. Was der Mensch von dem Reiche der Pflanzen nur verlangen kann,
das bietet dieses ihm auf Java dar.
Die richtige Ausnutzung der herrlichen und großartigen Natur Javas
zum Wohle der Menschen findet erst von der Zeit an statt, seit die Insel
eine Kolonie der Holländer geworden ist. Die Eingeborenen, die sich
in die eigentlichen Javanen und die Sundanesen scheiden, gewannen dem
reichen Lande nur das ab, was zu ihren eignen Bedürfnissen notwendig
war, und erst seit die Holländer die Einwohner zu größerer Thätigkeit
anhielten und alte Mißbräuche auszurotten begannen, ergossen sich die
Schätze Javas auch nach Europa. Früher aber schon hatten die Chinesen
auf Java festen Fuß gefaßt und waren als Handelsvermittler aufgetreten.
Auch die über den ganzen ostasiatischen Archipel und die hinterindische
Halbinsel zerstreut eingewanderten Malaien finden wir auf Java, während
die zuerst eingewanderten Hindu und die später als Eroberer und Ver-
künder eines neuen Glaubens auftretenden Mohammedaner allmählich in
der Urbevölkerung aufgegangen sind, obgleich ihre Beimischung sich noch in
den edleren Gesichtszügen der Javanesen erkennen läßt, während die Be-
wohner des Westens, die Sundanesen, weniger feine Physiognomien zeigen.
Die Javanesen gehören zu den gebildetsten Malaien; sie zeigen uns den
Punkt, bis zu welchem die malaiische Rasse in der Entwickelung vordringen
kann, wenn alle günstigen inneren und äußeren Bedingungen zusammenwirken.
Zu Anfang unfres Jahrhunderts hatte Java nur eine Einwohner-
zahl von etwa 4 800 000 Seelen, der Zensus von 1886 weist aber mit
Einschluß von Madura die stattliche Zahl von 21 467 445 Köpsen auf.
Java muß hiernach zu den bevölkertsten Ländern der Erde gerechnet werden.
Der Flächeninhalt aller von der holländischen Regierung unmittelbar
verwalteten Länder des ostasiatischen Archipels (ohne Neuguinea) beträgt
1 663 693 qkm, mit einer Bevölkerung von fast 28 Millionen Menschen.
Die Zahl der Europäer und der übrigen Ausländer ist nur eine geringe.
Der niederländische Teil von Neuguinea beträgt 339,300 qkm mit
250 000 — 500000 Einwohner.
Die Verteidigung des ganzen Gebietes ist einem Heere von etwa
40 500 Mann übertragen, das ungefähr zur Hälfte aus Eingeborenen be-
steht. Der Landmacht steht eine nicht unbedeutende Seemacht zur Seite.
Geräuschlos arbeitet die holländische Regierung an der Ausbreitung
ihrer Macht im indischen Archipel und an der Befestigung ihrer Stellung
unter den Eingeborenen fort. Die heimischen Fürsten auf Java sind samt-
lich von den Holländern mediatisiert worden, nur zweien von ihnen hat
man einen gewissen Pomp und Anschein von Macht und Geltung gelassen.
Die Verhältnisse Javas sind durchaus friedlicher Natur, und auch auf
audern Inseln des Archipels, wo bisher die Willkür kleiner Tyrannen
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TM Hauptwörter (200): [T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
Extrahierte Ortsnamen: Javas Europa Madura Neuguinea Neuguinea Javas
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
König Kamehameha von den Sandwichinseln.
189
Kurz nach Cook starb auch der alte König, und nachdem sein Sohn
ihm in der Regierung gefolgt war, finden wir in einem kleinen Teile von
Hawai seinen Neffen Kamehameha oder Tameamea als Regenten.
Allein schon 1787 war dieser Regent der ganzen Insel und unterwarf sich
nach und nach bis 1317 die ganze Gruppe. Er war ein verständiger
Fürst und für seine Unterthanen das, was Peter der Große für Rußland
gewesen ist.
Den Verkehr mit Europäern und Amerikanern beförderte er auf jede
Weise. Der Hafen von Honolulu füllte sich mit Schiffen aller Nationen;
a, c, d Götzenbilder, b Urustvlatke aus Zähnen, e, f Gewe. g, i Fächer,
h Maske aus einem Flaschenkürbis.
sie waren hier so sicher, wie in jedem europäischen Hafen, und europäische
und amerikanische Kaufleute siedelten sich auf jener Inselgruppe an. Drei
wackere Männer leisteten dem Könige bei den Reformen den tüchtigsten
Beistand: der Eingeborene Karemaku und die beiden Briten Davis und
Aoung. Erstem vermochte mit durchdringendem Geiste in seine Pläne
einzugehen, war ihm treu ergeben und unterstützte ihn mit Rat und That.
Er war der erste nach dem König. Die beiden Briten waren früher Ma-
trosen, dabei tüchtige, achtbare Männer, und wurden vom König veranlaßt,
bei ihm zu bleiben. Sie verbreiteten europäische Kultur in seinem Staate,
lehrten den Häuser-, Städte- und Schiffbau, legten Häfen an und be-
reicherten die Insel mit nützlichen ausländischen Pflanzen; ihr Andenken
steht dort in Segen.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
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TM Hauptwörter (200): [T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T49: [König Königin Herzog Peter Hof Elisabeth Minister Tod Graf Regierung], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
70 Die Niederländer in Java und auf den übrigen ostindischen Inseln.
in Fesseln schlug und den Kommandanten mit dem Tode bedrohte, wenn
er nicht sogleich die Besahung des Forts durch einen Brief zur unbedingten
Übergabe der Feste auffordere.
Vau den Broeke, überzeugt, daß seine tapferen Soldaten die Ab-
fassung des Briefes als erzwungen erkennen und nicht Folge leisten
würden, willigte in die Forderung des Königs, um seinen Leuten durch
den Brief wenigstens Kunde zu geben, daß er noch am Leben sei. Als
trotzdem die Übergabe nicht erfolgte, wurde van den Broeke in die Nähe
des Forts gebracht. Man nahm ihm die Fesseln ab und verlangte von
ihm unter Androhung des Todes, daß er die Besatzuug überreden solle.
Statt aber letztere zur Übergabe zu ermahnen, beschwor er sie, bis zum
letzten Mann auszuhalten und sich unter keiner Bedingung dem Feinde
zu ergeben, solange ihr Kommandant nicht aus der schmählichen Haft ent-
lassen wäre, in welche ihn der Verrat gebracht hätte. Sein Leben möchten
sie nicht schonen, sie könnten aber, im Falle er ermordet würde, seinen Tod
nur durch Tapferkeit rächen. Voll Staunen und Erbitterung über diese
Rede schleppten die Krieger des Königs van den Broeke wieder fort, ohne
daß jedoch der König ihn hinrichten ließ. Unterdessen waren zwischen dem
Pangerang von Bantam und dem König von Dschakatra Streitigkeiten
ausgebrochen, die van den Broeke trefflich zu seinen gunsten zu benützen
verstand. Heimlich ließ er dem Pangerang melden, er wolle lieber sein
Gefangener als jener des Königs sein; auch wäre er überhaupt nicht ab-
geneigt, ihm Beistand gegen seine Nebenbuhler zu leisten. Der Ehrgeiz
und die Charakterlosigkeit des Pangerang widerstanden solchen Ver-
lockungen nicht. Er wollte die Tapferkeit des holländischen Kriegers zu
seinem Vorteile ausnützen und sandte alsbald eine neue Schar von
Kriegern nach Dschakatra. Der Führer derselben drang mit einer Anzahl
Bewaffneter ins Zelt des Königs, dem die Wahl zwischen Tod oder
sofortiger Abdankung gelassen wurde.
Zitternd unterzeichnete der König die in malaiischer und javanischer
Sprache auf ein Palmenblatt geschriebene Abdankung und verlebte den
Rest seiner Tage auf einer einsamen Insel.
Die Engländer hörten mit Verdruß von dem Vorgefallenen und
drangen jetzt mit doppeltem Eifer in den Pangerang, die neu erworbene
Macht nicht mit den gefährlichen Nebenbuhlern, den Niederländern, zu
teilen, sondern die Belagerung der Forts nachdrücklichst fortzusetzen. In
der That blieb van den Broeke gefangen, und die Belagerung des Forts
von Dschakatra wurde fortgesetzt. Aber doch begannen jetzt Unterhand-
luugen wegen des Friedens; denn der Pangerang konnte sich nur mit
Mühe dazu entschließen, die Niederländer, denen er eine so bedeutende
Erweiterung seiner Macht verdankte, als Feinde zu behandeln.
Der Thörichte ahnte indessen nicht, daß diese momentane Macht-
erweiterung ein Danaergeschenk sei, welches er nie hätte annehmen sollen.
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T12: [König Paris Jahr Napoleon General Frankreich Mann Tag Kaiser Minister], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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TM Hauptwörter (200): [T184: [Insel Amerika Portugiese Afrika Spanier Kolumbus Küste Entdeckung Jahr Indien], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T2: [Schiff Stadt Tag Nacht Sturm Feind Ufer Meer Land Feuer]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Geographie, Völkerkunde
Inhalt: Zeit: Geographie
Geschlecht (WdK): koedukativ
Jetziger Zustand der Bevölkerung. 85
herrschte, sehnt sich das Volk nach einer Stellung, wie die Bevölkerung
Javas sie besitzt.
Nach dem Zeugnisse wahrheitsliebender und gewissenhafter Beamten
legen viele bis jetzt noch unabhängige oder nur in sehr mittelbarem Ver-
hältnis zur Regierung stehende Völkerschaften das lebhafte Verlangen an
den Tag, unter den unmittelbaren Schutz der Regierung zu gelangen und
Gin eingeborener Fürst der Japanese».
von der Willkürherrschaft einheimischer Fürsten und Beamten befreit zu
werden, die ihre Stellung und ihr Amt nur mißbrauchen, um die Früchte
des fremden Fleißes zu ernten. Es muß in die Augen fallen, daß gerade
jene Völker, welche am innigsten mit der holländischen Regierung ver-
bunden sind und in deren Distrikten holländische Beamte in der oben dar-
gestellten Verbindung mit Eingeborenen die Verwaltung und die Rechts-
pflege des Landes führen, mit den Segnungen des Friedens am meisten
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T72: [Bauer Arbeiter Steuer Jahr Stadt Staat Abgabe Gemeinde Land Verwaltung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T159: [Bewohner deutsche Bevölkerung Sprache Neger Volk Jude Einwohner Stamm Land], T99: [Stadt Verwaltung Provinz Gemeinde Beamter Kreis König Spitze Land Angelegenheit], T24: [Luft Wasser Wärme Körper Erde Wind Regen Höhe Temperatur Schnee]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Bevölkerung. 51
Die Konsonanten sp lauten also, wenigstens im Anlaut, gleichfalls wie schp,
st — seht, g — k; die Konsonanten 1, n, r werden häufiger ausgeworfen oder
am Ende verschluckt. Häufig klingen in den Wörtern die eigentümlichen Doppel-
vokale oa, ea, ua, ia hervor. Der Altbayer sagt für klein — kloan, für Dirndl
Deandl, für Blut — Bluat, für Eimer — Oamer, für Mutter — Muatta.
Dem Bayern, namentlich dem Oberbayern, wird gewöhnlich eine untersetzte,
stämmige Figur, eine lebhafte Gesichtsfarbe und große Muskelkraft zugeschrieben.
Das Bier, welches kaum sonstwo in größerer Menge und Güte gebraut wird,
nimmt unter den Nahrungsmitteln dieses Stammes die erste Stelle ein und wird
in erstaunlicher Fülle genossen. Der Bayer ist etwas derb und schwerfällig, ent-
behrt aber nicht der Drolligkeit und Gutmütigkeit; dabei kann er auch sehr wild
und heftig werden.
Der Stamm der Franken erfüllt das große Gebiet vom Fränkischen
Jura nordwestwärts, über den Main weg durch Hessen in die Kölner Tief-
landsbucht hinein; selbst der nördliche Teil der oberrheinischen Ebene gehört
ihm an. Die Mundart desselben scheidet sich in den eigentlich fränkischen
oder ostfränkifchen, den hessischen und den rheinischen Dialekt.
Der erstere ist im Maingebiete, der zweite im eigentlichen Hessenlande, der
rheinische endlich in dem nördlichen Teile der oberrheinischen Ebene, in der Pfalz
sowie im rheinischen Schiefergebirge (das Sauerland ausgenommen) und in der
Kölner Tieflandsbncht zu Hause. Die fränkische Mundart hat nicht mehr die breite
Aussprache der s-Laute und ist überhaupt geschmeidig und spitz; die Nasentöne
hören aus.
Das sp und st werden nicht mehr aspiriert, dagegen das s nach r, z. B.
Durscht für Durst. Gebräuchlich sind die Doppelaute vi und ou. In Ost franken
fagt man amauhl für einmal, löigt für lügt, su für so, äff für auf, Stödtla für
Städtlein, schöina für schöne, kronk sür krank. Die rheinische Mundart hat wieder
mehrere Unterdialekte.
Der Frankenstamm ist leichten Blutes, heiteren Sinnes, rührigen, ge-
schmeidigen Wesens, voll geistiger Regsamkeit und Lebensklugheit, doch schreibt man
ihm vielfach auch eine gewisse Unbeständigkeit und Unzuverlässigkeit, ein übertriebenes
Selbstgefühl zu.
Der Stamm der Thüringer endlich hält das Gebiet zwischen dem
Kamme des Thüringer Waldes und dem Harze, zwischen der Saale und unteren
Werra besetzt. Seine Mundart ist noch überwiegend eine oberdeutsche, doch
gehen die Laute desselben schon etwas in die niederdeutsche über. Von den
beiden Nebendialekten dieser Mundart steht der südthüringische dem Frän-
kischen noch ziemlich nahe und zeigt mannigfache Übergänge zu demselben,
während der nordthüringische sehr bemerkenswerte Übergänge zu dem
Niederdeutschen offenbart. Im Osten, im Gebiet der Saale und Weißen
Elster, erfolgt der Übergang zu dem obersächsischen Dialekte, welchen wir
oben als denjenigen Grenzdialekt zwischen dem Hoch- und Niederdeutschen
kennen gelernt haben, welcher sich durch Luther zur Schriftsprache erhob.
Im Südthüringischen tritt eine Neigung hervor, die Vokale ei und i in ö
und ä, a in e zu verwandeln, auch findet sich fönst eine mannigfaltige Vertauschung
der Vokale, z. B. spricht man ä für ein, änne für eine, völe für viele, göbt für
gibt, Arde für Erde :c. Mancherlei Zusammenziehungen von kleinen Wörtern zu
einem und Wegwerfungen von Vokalen in den Artikeln und den persönlichen Für-
Wörtern sind gebräuchlich; so steht wemmer für wenn man, nönger für hinunter,
'n ganzen Tag für den ganzen Tag, nachen'n für nach den, noff für hinauf.
Den Thüringern werden Biederkeit, Gastfreundschaft, Frohsinn und Liebe zu
Gesang und Musik nachgerühmt. Im Mittelalter war die Wartburg, in neuerer
Zeit Weimar der Sammelpunkt uusrer bedeutenden Dichter.
4*
TM Hauptwörter (50): [T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura], T45: [Kind Lehrer Wort Schüler Buch Unterricht Schule Frage Buchstabe Zeit], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff]]
TM Hauptwörter (200): [T173: [Sprache Wort Name Schrift Zeit Buch Form Kunst Art Werk], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T139: [Donau Rhein Main Tiefebene Teil Jura Alpen Tiefland Gebiet Fluß], T51: [Kind Himmel Nacht Sonne Tag Gott Wald Baum Blume Feld], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
Extrahierte Personennamen: Dirndl
Deandl Muatta
Extrahierte Ortsnamen: Oberbayern Main Hessen Maingebiete Hessenlande Arde Wartburg
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
54 Fünftes Kapitel.
sich doch wiederum auch oft schon in heiligem Zorn erhoben und dann —
zuletzt noch im Jahre 1870 — mit wuchtigen Schlägen und in unvergleich-
lichem Heldenmute dem übermütigen Toben feiner romanischen Feinde ein jähes
Ende bereitet.
Dergleichen unverkennbare Gegensätze können nur daraus erklärt werden, daß
das deutsche Volk eine besonders tiefe, gehaltvolle Natur besitzt, und eine solche
hat dasselbe in der That seit alten Zeiten vor den benachbarten Kelten ausgezeichnete
Daß unser Volk alle wichtigeren menschlichen und besonders die überirdischen Dinge
tiefer und ernster auffaßt als die Romanen und Kelten, entspricht jener Natur.
Mit Ernst und Gründlichkeit tritt der Deutsche an alle seine Aufgaben heran, mit
eisernem Fleiße und kritischer Schärfe betreibt er namentlich auch das Studium;
noch immer findet die Wissenschaft begeisterte und uneigennützige Jünger. Stark
und lebendig ist meist unsres Volkes Gefühl für Ehre, Recht und Sitte, während
der Romane dasselbe oft zügellos preisgibt. Noch immer erweist sich in allen
Ständen, Altersstufen und Geschlechtern jener tüchtige, sittliche Geist, den schon der
Römer Tacitus dem eignen Volke mahnend vor Augen gestellt hat: der echte deutsche
Mann sncbt noch immer seinen schönsten Schmuck in der Biederkeit und Treue; der
deutsche Jüngling trägt, bei seinem oft so verschlossenen und eckigen Wesen, in der
Brust einen Schatz herrlichster Ideale, die ihn durchs Leben begleiten und über
manche Klippe hinwegführen; die deutsche Frau beherrscht emsig und umsichtig das
Hauswesen, dem Gatten treu und zärtlich ergeben, aber auch seiner Leitung ver-
trauend; die Jungfrau, fchön, sinnig, sittsam und rein, hält sich still zurück, bis der
Ruf der Liebe sie fortführt.
Diesen lobenswerten Eigenschaften entspricht es auch, daß das Familien-
leben unsres deutschen Volkes im allgemeinen noch als ein Muster für andre
Völker hingestellt werden kann. Noch immer kann man durchschnittlich das deutsche
Haus als eine Stätte stillen Glückes bezeichnen, wo Gatte und Gattin bei einander
nach des Lebens Müh' und Arbeit Erholung und Erfrischung suchen und finden,
statt außerhalb im Wirtshause, auf Bällen, in Konzerten, Theatern u. dergl. Bei
keinem andern Volke findet die Frau eine gleiche Anerkennung als berechtigte Ge-
hilfin des Mannes, und doch bei keinem andern Volke fügt sie sich so gern in
Schranken, welche ihrer freien Bewegung durch Sitte und Zucht, durch die Verbin-
dung mit dem Manne gesetzt sind. Wenn die echte deutsche Frau nie die Herrschaft
in der Familie beanspruchen wird, so darf sie doch gewiß sein, daß sie gerade durch
die Reinheit ihres Gefühls, durch die Innigkeit ihres Gemüts jenen starken Einfluß
gewinnt und behauptet, der ebenso dem Manne in des Lebens Mühen, Stürmen
und Sorgen, wie dem heranwachsenden Geschlechte zur Stärkung der sittlichen Im-
pulse bei dem Erziehungswerke zum wahren Segen gereicht. Je weniger das Fami-
lienleben bei unsern französischen Nachbarn und anderwärts Befriedigung erregen
kann, desto mehr haben wir Ursache, uns solcher gesunden Zustände zu erfreuen, wie
sie in erster Linie von unserm erhabenen Kaiserhause selbst gepflegt ^werden.
Aber auch Mängel zeigt das deutsche Wesen, und es gebührt uns, die-
selben zu erkennen, um sie abzulegen. Nicht schwer wiegt es, wenn nnsre
Feinde über uusre Langsamkeit, Umständlichkeit und Ungeschicklichkeit im Ver-
kehr mit andern spotten, denn jene Leichtbeweglichkeit, Glätte und Geschmeidig-
keit, deren sich uns gegenüber namentlich die Franzosen rühmen, ist lediglich
eine Folge ihres oberflächlichen, leichtfertigen Wesens. Mit größerem Rechte
wirft man uns vor, daß wir mit zu großem Eifer dem Fremden nach-
trachten. Daß ein Kulturvolk von allem, was ein andres zum Heile und
Segen der Menschheit schafft, Kenntnis nehmen, ja in der Fremde allenthalben
lernen mnß, wenn es im friedlichen Wettkampfe der Völker auf den Gebieteu
der Industrie und des Handels, der Kunst und Wissenschaft nicht zurückbleiben
will, ist sicherlich zuzugeben, ebenso auch, daß es uns nur fördert, wenn wir
uns mit den Sprachen und Sitten nnsrer Nachbarn näher bekannt machen und
TM Hauptwörter (50): [T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod]]
TM Hauptwörter (200): [T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Die Bevölkerung. 55
mit den letzteren nach Möglichkeit Verkehren. Etwas andres aber ist es, wenn
wir das fremde Wesen in seinem Werte überschätzen und blind nach-
ahmen, wenn wir die Produkte andrer Völker nur deshalb für besonders
wertvoll ansehen, weil sie nicht der Heimat entstammen, dagegen die gleich-
guten Erzeugnisse des Vaterlandes gering achten; wenn wir mit den Brocken
fremder Sprachen uns brüsten, ja selbst deren Lehrbücher eifriger lesen,
deren Litteratnr emsiger studieren als diejenigen des Vaterlandes. Ein solches
Treiben hat leider von vaterlandsliebenden Männern mit Recht immer einem
großen Teile nnsres Volkes zum Vorwurfe gemacht werden müssen, und noch
immer übt das Fremde auf viele unfrer Landsleute einen ganz unberechtigten
Zauber aus; oft bereichert mau auch jetzt noch das Ausland mit großen Summen
für solche Waren, die man billiger und besser daheim erhalten würde; man äfft
in Moden und Gewohnheiten Dinge nach, die dem guten Geschmacke wie der
deutschen Sitte widerstreiten. Ein Volk von starkem Nationalbewußtsein darf
sich so nicht verhalten; der wahren Vaterlandsliebe entspricht es nicht, daß man
fremdes Gut höher achtet als den eignen Besitz. Sonach müssen wir nnserm
Volke ein stärkeres Nationalgefühl wünschen, als dasselbe bisher bewiesen hat.
Es ist freilich nicht schwer herauszufinden, woher jener beklagenswerte Mangel
stammt. Unser Volk hatte seine berechtigte Bedeutung unter den europäischen
Nationen verloren, seine innere Zerrissenheit hatte es ohnmächtig und schwach ge-
macht und, abgesehen von Kunst und Wissenschaft, gab es nichts, worauf es stolz
sein, dessen es sich vor andern Nationen rühmen konnte, und wie der Deutsche im
Auslande verachtet und ohne Ansehen dastand, so verlor er auch die Achtung vor
sich selbst, lernte das Fremde höher schätzen als das, was er daheim besaß oder
besitzen konnte. Mit eben jener Zerrissenheit und nationalen Ohnmacht aber hängt
eine andre üble Eigenschaft unsres Volkes zusammen, die wir noch hervorheben
müssen: bei den Stämmen das Streben nach allzugroßer Selbständigkeit und nach
landschaftlicher Sondcrung, bei den Einzelnen ein kleinlicher Eigensinn, der auf
einer vorgefaßten Meinung besteht und darüber die großen Interessen der Gesamt-
heit des Vaterlandes aus dem Auge verliert.
Der große Krieg vou 1870—71 hat Deutschland zu einem mächtigen
Reiche geeinigt, nachdem alle Stämme zur Abwehr des Erbfeindes heldenhaft
zusammengestanden hatten; seitdem ist die Achtung vor uusrem Vaterlande im
Auslände gewaltig gestiegeu, und mit diesen naturgemäß auch das National-
bewnßtsein; allem noch immer ist dasselbe nicht gleichgroß, wie bei den Nach-
barvölkern. Die frühere Abueignng des einen Stammes gegen den andern
schwindet nur langsam und geringfügige Veranlassungen genügen, die Partei-
leidenschasten aufs heftigste zu entflammen, welche es vielleicht nicht immer dazu
kommen lassen, daß die wahre Wohlfahrt des Vaterlandes gleich gefördert wird!
§ 6. Die Art der Ansiedelung. Wohnhaus. Wohuorte.
Nach der Schilderung des Tacitus entsprach es dem Wesen der damaligen
Deutschen nicht, sich eng bei einander in einer fortlaufenden und zusammen-
hängenden Reihe von Wohnhäusern anzusiedeln, sondern sie bauten sich an,
wie es ihnen gefiel, an einer Quelle, in einem Felde oder in einem Haine.
Meist war das Haus des einen von einem leeren Platze umgeben, der dasselbe
von demjenigen eines andern schied. Wenn Germanen sich irgendwo nieder-
ließen, so wurden die Grenzen feierlich geweiht und jedem Hausvater eine Hof-
statt zu Haus, Hof und Garten zugewiesen; die gesamte Flur aber, welche
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T71: [Deutschland Krieg Preußen Volk Napoleon Frankreich Macht Frieden Europa Land], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
Matthias (bis 1490). — Ludwig (1516—1526). 21
Heiden lichterloh brannten und die ausgeschreckten, vom Durst gequälten Tiere
des Waldes zu den Menschen kamen, um zu trinken.
Im Jahre 1474 kam eine Aussöhnung und ein Waffenstillstand, erst im
Jahre 1478 ein Friede zwischen den Königen zustande; da aber einzelne
schlesische Herzöge nicht mit den Bedingungen zufrieden waren, auch sonst noch
Gründe zu Streitigkeiten vorlagen, herrschte auch noch 1478 nicht im ganzen
Lande Ruhe und Sicherheit.
Wladislaus (bis 1516). Nach Matthias' Tode wählten die Ungarn den
böhmischen König Wladislaus zu ihrem Oberherrn, und die Schlesier waren
auch für sich mit dieser Wahl zufrieden. Da Wladislaus von den Fehlern
seiner Vorgänger frei war, so hofften die Schlesier auf eine bessere Zeit unter
seiner Regierung; aber er war zu schwach und gutmütig und besaß nicht die
Kraft, der immer wieder erwachenden Fehdelust des Adels Grenzen zu setzen.
Die Tage des so heiß ersehnten Friedens schienen nicht kommen zu sollen;
Öls, Münsterberg, Glogau, Oppeln, Breslau und andre Ländchen konnten
nicht zur Ruhe, nicht zum Frieden kommen. Der Tod des Wladislaus im Jahre
1516 wurde mit Gleichgültigkeit vernommen; denn bei seinen Unterthanen hatte
er sich keine Liebe erworben, weil er zu schwach zur Regierung gewesen war;
man nannte ihn den König Bene, weil er ans alle Fragen nur die Antwort
bene (gut) zu geben pflegte.
Ludwig (1516—-1526) war erst zehn Jahre alt, als er seinem Vater folgte.
Seine Erzieher brachten ihm mehr Liebe zum Vergnügen als zu Staatsgeschäften
bei. In dieser Zeit gewann an Einfluß in Schlesien Georg von Brandenburg,
der sich die Gunst der Schlesier zu erwerben wußte. Durch Erbverbrüderung
mit Ratibor und Oppeln begründete er sich eine Anwartschaft auf diese Länder;
das Fürstentum Jägerndorf kaufte er 1523 an sich, und die Herrschaften Beuthen
und Oderberg, die früher zu Oppeln gehört hatten, löste er 1526 ein. Auch
mit dem Herzoge von Liegnitz und Brieg war er verwandt, denn des Herzogs
Gemahlin war eine Schwester des Markgrafen Georg von Brandenburg.
Unter Ludwigs Regierung fand die Reformation in Schlesien Eingang.
Die Geistlichen hatten sich vielfach durch Unwissenheit, Sittenlosigkeit und Herrsch-
sucht den Haß und die Verachtung des Volkes zugezogen. Die Fehler und
Gebrechen der Kirche wurden auch von den Bischöfen anerkannt; aber ihre Be-
mühungen, innerhalb der Kirche zu reformieren, blieben meist fruchtlos. Wie
energisch damals der Bischof von Breslau zum Wohle der Kirche auftrat,
beweist der Umstand, daß er die Ablaßprediger, welche sich auch in Schlesien
einfanden, nicht aufkommen ließ, weil man öffentlich über dieses Unwesen spottete.
Der zügellose Pöbel hatte alle Achtung vor der Geistlichkeit verloren. Straßen-
bubeu verkleideten sich als Mönche und Nonnen und führten Turniere auf.
Wir dürfen uns also nicht wundern, daß das Werk Luthers in Schlesien Freunde
sand, daß seine Schriften gelesen wurden. Mönche und Nonnen verließen ihre
Klöster und erklärten sich für die neue Lehre. Im Jahre 1523 berief der
Breslauer Magistrat den Dr. Johann Heß, Luthers Freund, zum Pfarrer an
die Kirche zu Maria Magdalena, und am 25. Oktober hielt dieser als erster
protestantischer Prediger Schlesiens seine Antrittspredigt. Der Bischof war
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Extrahierte Personennamen: Matthias Ludwig_( Ludwig Ludwig_( Ludwig Georg_von_Brandenburg Georg_von_Brandenburg Ludwigs Ludwigs Johann_Heß Johann Maria_Magdalena Maria
Autor: Burmann, Karl, Klöden, Gustav Adolf von, Köppen, Fedor von
Auflagennummer (WdK): 2
Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Geschlecht (WdK): koedukativ
18 Aus Schlesiens Vergangenheit.
Gedächtnis, große Gelehrsamkeit und eine seltene Menschenkenntnis. Bald lenkte
dieser bedeutende Mann die Aufmerksamkeit des Papstes auf sich, der ihn nach
Deutschland schickte, damit er dort gegen die Feinde der römischen Kirche, be-
sonders gegen die Hussiteu, predigte und Klöster seines Ordens, wo es ihm
beliebte, errichtete. Nun durchzog Capistran in Begleitung mehrerer Ordens-
brüder von Italien aus das südliche Deutschland, Kärnten, Steiermark, dann
auch Böhmen, Mähren und Schlesien und war überall thätig für den Glauben
seiner Kirche, die Tilgung der Sittenlosigkeit, die Unterdrückung des hnssitischen
Wesens; in seinen ernsten Predigten strafte er die Laster seiner Zeit; äußerst
beschwerlich waren seine Fußreisen, stets nur ganz kärglich sein einfaches Mahl,
groß sein Eifer und innig sein Gebet für das Wohl derer, bei denen er weilte.
Volk und Geistliche verehrten ihn.
Auf eine Einladung des schleichen Bischofs kam er auch nach Breslau.
Über Goldberg und Liegnitz langte er, von dreißig seiner Ordensbrüder be-
gleitet, am 13. Februar 1453 in der schlesischen Hauptstadt an. Nachdem er
am Sonntage Jndica den Breslauern ihre Prachtliebe, Hoffnrt und Eitelkeit
in einer ernsten Strafpredigt, bei der er den Hirnschädel und das Bild des
heiligen Bernhardin vorzeigte, zu Gemüte geführt hatte, ließ er aus der ganzen
Stadt Karten und Brettspiele, Spiegel, Larven und allerlei Gegenstände des
Putzes zusammenbringen, ans einen Haufen werfen und verbrennen. Darauf
zog er, von dem aufgeregten Volke begleitet, mit dem Bifchof, dem Landes-
Hauptmann und den Konsuln der Stadt in die Neustadt, wo ihm an der äußersten
Stadtmauer ein Platz nebst allen darauf befindlichen Häusern und Gärten zur
Gründung einer Kirche und eines Klosters für Brüder seines Ordens feierlich
übergeben wurde. Alsbald wurde mit dem Bau der Kirche begonnen, der schon
nach zwei Jahren vollendet war; die Kirche erhielt den Namen des heiligen
Bernhardin. den sie noch heute führt, nachdem sie längst evangelische Pfarr-
kirche geworden ist.
Capistran ist für die Breslauer außerordentlich thätig gewesen, was die
Breslauer Konsuln in einem Schreiben vom Jahre 1462 an den Papst be-
stätigen, in welchem sie sagen, er habe in der Stadt viele Monate lang mit
täglichen Predigten unzähliges Gute gestiftet;^ er habe das Volk von Lastern,
bösen Gewohnheiten und schändlichen Spielen abgezogen und es auch fleißiger
und eifriger im Dienste Gottes gemacht (per plures menses quotidianis prae-
dicationibus innumera bona effecit, multum populum virtutibus insignivit,
a diversis vitiis, malis consiietudinibus, ludorum spnrcitiis removit et divino
cultui ferventem et diügentem reparavit). Die Judenverfolgung, welche im
Jahre 1453 in Breslau stattfand, hatte der eifrige Mönch nicht veranlaßt,
obgleich man ihm die Schuld zur Grausamkeit gegen die Juden hat beilegen
wollen. Man beschuldigte nämlich damals einige Juden, sie hätten einem Bauern
gestohlene Hostien abgekauft und diese mit Ruten gepeitscht. Auf das Gerücht
einer so unglaubwürdigen That wurden die Juden Breslaus verhaftet; und
nachdem man ihren Ältesten durch die Folter ein Geständnis der gegen sie ge-
führten Beschuldigungen ausgepreßt hatte, wurden nicht weniger als einnnd-
vierzig derselben an einem Tage verbrannt, die übrigen aus der Stadt verwiesen,
ihre Güter eingezogen' und ihre Kinder unter sieben Jahren getauft.
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Extrahierte Personennamen: Capistran Capistran
Extrahierte Ortsnamen: Schlesiens Deutschland Italien Deutschland Steiermark Breslau Goldberg Liegnitz Gottes Breslau